Was tun wir hier eigentlich? – Reloaded

Tja diese Frage stellen wir uns immernoch dann und wann. Manchmal mehr manchmal weniger. Besonders oft stellten wir uns dese Frage in unseren ersten zwei Wochen auf der Südinsel. Kaum angekommen fielen wir nach Blenheim, wo wir direkt für den nächsten Tag einen Job fanden. Wirelifting auf einem Vineyard (Weinberg passt hier nicht so ganz, weil in Neuseeland der Wein meist nicht am Berg sondern ebenerdig angebaut wird). 

Und was ist wirelifting? Zuallererst mal ein anstrengender Scheißjob 😉 Die Weinreben sollen schön brav nach oben wachsen, also werden alle 4-5 Pflanzen Holzpfähle aufgestellt und zwischen diesen Pfählen werden mehrere Drähte gespannt. 2 davon sind beweglich angebracht und wachsen sozusagen mit den Reben mit. Wenn die Reben noch klein sind werden die Drähte in den zwei niedrigsten Positionen eingehangen (an den Pfählen sind Nägel oder komische Plastikclipse angebracht, die die Drähte an Ort und Stelle halten sollen), und wenn sie größer werden und anfangen über den obersten Draht runterzuhängen, werden die Drähte in die oberen Halterungen verfrachtet. Dafür waren wir angestellt, ganze 4 Tage (die sich deutlich länger anfühlten).
Am Abend vor unserem ersten Einsatz wurden wir von einem Contractor angerufen er hätte einen Job, wollte uns aber davor noch sehen. Also fuhren wir zu ihm nach Hause und ließen uns begutachten. Zuerst pienzte er rum sie würden normal keine Frauen fürs Wireliften einstellen,wollte Nini dann aber doch eine Chance geben.
Also traten wir am nächsten um 10 vor 7 bei ihm zu Hause an und warteten bestimmt gut 20 min bis es losging. Wir fuhren also zu unserem ersten Einsatz auf einem vineyard. Mit uns arbeitete eine Riesengruppe Tonganer, die immer für 4 Monate nach NZ kommen um das wirelifting und ein paar andere Aufgaben zu übernehmen. Dementsprechend routiniert und schnell waren sie auch…wir eher nicht.
Entgegen der Behauptungen unseres Boss arbeiteten noch 3 Backpackerinnen im Team und Nini war erstmal beruhigt…allerdings nicht lange. Das final wirelifting bedeutet, dass der mittlere Draht auf ca 1,50m und der obere Draht auf 1,70 bis 1,80m hochgebracht werden musste. Zuerst hakt man die Drähte aus, dann zieht man ihn zu sich hin (oder hängt sich mit seinem ganzen Körpergewicht dran) damit die kleinen Triebe die um den Draht wachsen gebrochen werden und der Draht frei vor den Reben aufliegen kann. Danach wird der Draht von unten nach oben in den nächsten Nagel eingehangen.
Für Nini hieß das echt Schwerstarbeit, weil die Drähte zum Teil richtig dicht eingewachsen waren und wenn sie etwas fester gespannt waren, konnte sie ihn kaum in den nächsten Nagel einhängen. Zum Glück durfte Heiko meist helfen kommen, oder einer der Supervisor kam ihr in ihrer Reihe entgegen. Aber auch Heiko kam gut ins schwitzen und am Ende des ersten Tages hatten wir beide offene Stellen und Blasen an den Händen (trotz Arbeitshandschuhen).
Total erledigt setzten wir uns mit Fertigpizza und Cola in Gary um uns einen Bud Spencer und Terrence Hill Film anzugucken.
Am nächsten morgen war der Muskelkater groß und wir machten uns erneut ans Werk. Nach 3 Tagen wireliften, alle 10 Minuten neue Anweisungen unserer Supervisor und immer wieder blöder Bemerkungen, dass die Arbeit für Frauen ja soo hart wäre, brach unser letzter Tag an (danach war Weihnachtspause) und verlief ereignslos bis ungefähr 3 Uhr nachmittags. Da wurden wir beide von unserem Supervisor alleine auf einem vineyard gelassen, weil der andere weiter weg war und er uns Benzin sparen wollte. Wir sollten Buttrubbing (kleine Triebe vom Stamm entfernen…und zwar restlos!) machen, er zeigte uns 2 Pflanzen und fuhr dann mit dem Rest der Gruppe weg.
Wir braven Deutschen arbeiteten natürlich gewissenhaft, bis Nini bemerkte, dass ihr Rücken und ihre Schultern feuerrot von der Sonne waren, die seit 11 Uhr erbarmungslos runterbrutzelte. Also machten wir eine kurze Pause, tranken einen Schluck Wasser und Nini zog ein Longsleeve gegen die Sonne über.
So arbeiteten wir uns bis etwa 6 Uhr weiter durch die Reihen und fragten uns schon ob wir vergessen worden waren. Aber etwa 10 minuten später kam unser Supervisor mit dem Rest zurück. Er checkte unsere Reihen und meinte dann wir hätten total schlecht gearbeitet und wie wir merkten hatten wir in der Sonnenbrand-Aktion eine halbe Reihe vergessen. Unser Supervisor warf uns vor ihn anzulügen, nicht zu arbeiten und so weiter und so fort und letztendlich warf er uns raus! Ungefähr eine Stunde vor Arbeitsende an unserem letzten Tag!
Unfassbar, wir waren echt perplex und versuchten ihm zu erklären, dass wir die Arbeit noch nie vorher gemacht hatten und dass wir die halbe Reihe gerne noch machen würden, sie war uns eben durchgegeangen. Und mal ehrlich, wofür hat man denn Supervisor??? Na genau damit sowas nicht passiert und einem niemand unterstellen kann nur Pause gemacht zu haben. Nachdem er also laut wurde und uns androhte die Polizei und die Immigrationsbehörde (wofür auch immer?) zu rufen, beschlossen wir zu gehen, da er ja nicht mehr mit sich reden ließ.
Tja so plötzlich (nach nur 10 Stunden ^^) war also unser letzter Tag vorbei, wir waren müde, sonnenverbrannt und ziemlich sauer. Aber zum Glück gibt es ja Arbeit und Arbeitgeber ohne Ende in Blenheim.
Teil zwei unserer Arbeit war deutlich unspektakulärer und Thema für einen anderen Post 😉

Wer bis hierhin durchgehalten hat, Respekt! Trink doch bitte ein Glas Wein auf unsere Story!

Als Belohnung noch ein Bild, wie wir bei der Arbeit ausgesehen haben:
2013-12-23 12.48.48

3 thoughts on “Was tun wir hier eigentlich? – Reloaded

  1. Carmen

    Ich finde die geschichte echt total unmöglich. Und dabei kannte ich sie schon, und bin trotzdem wieder sauer!
    Aber irgendwie auch beruhigend, dass es in nz auch idioten gibt. Hatte schon überlegt in das, von euch so oft als paradies der mitmenschlichkeit beschriebene paradies auszuwandern…

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    1. Kerstin

      Frecher geht’s nicht mehr. Unmöglicher Arbeitgeber. Wurdet ihr wenigstens für die getane entlohnt? Wenn nicht, ist ja klar, weshalb er sich so aufführt. Ich trinke gerne einen Wein darauf, wüsste aber gerne noch wie der Wein seiner Anbauregion heißt, damit Er schon mal keinen Cent bekommt. 😉

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      1. admin Post author

        Tja das ist schwer, weil die Contractor, also die Arbeitgeber für ganz viele Weingüter arbeiten und sich das somit vermischt. Durch nicht-trinken eines bestimmten Weins wirst du dem nicht “schaden” können 😉

        Bislang haben wir die Stunden, die wir da gebraten haben nicht bezahlt bekommen und der Contractor weigert sich bisher auf unsere Emails zu antworten. Wir werden wohl demnächst zum Department of Labour gehen um uns offiziell zu beschweren – mal sehen ob es was bringt

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